Liebe Leserin, lieber Leser,
wir haben für viele Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung Verständnis. Dass wir aber gerade am einsamen Fleesensee als Eigentümer eines Zweitwohnsitzes vertrieben werden, halten wir für unverhältnismäßig. Daher habe ich mich entschlossen, einen Brief an Frau Schwesig zu schreiben, den ich hier veröffentliche.
Ich denke, dass dieser Brief in einigen Punkten auch für unsere Gäste relevant sein könnte.
Elisabeth Schneider-Reinsch
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Elisabeth Schneider-Reinsch
Biebricher Allee 106 in 65187 Wiesbaden,
Zweitwohnung: Seerosenweg 7 in 17213 Göhren-Lebbin/Untergöhren Tel. 0151 64959225
Offener Brief an Frau Ministerpräsidentin Schwesig
Wiesbaden, den 20.04.2021
Betreff: Verschärfung des Lockdown in MV gestern in Kraft getreten
und 47. Allgemeinverfügung des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte vom 15.04.2021
Nachrichtlich: Herrn Landrat Heiko Kärger
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
ich schreibe Ihnen mit einer gewissen Emotionalität: mit Verärgerung und Enttäuschung. Es betrifft die Beschlüsse Ihrer Regierung und des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte zur Pandemie-Bekämpfung.
Zurecht äußern Sie immer wieder mit Stolz, dass MV inzwischen Bayern als Touristenland überholt hat und seit einiger Zeit die Nummer 1 in Deutschland geworden ist. Auch wir verbringen gerne und seit unserem Ruhestand auch für längere Zeit unser Leben an der Seenplatte an unserem Zweitwohnsitz, einem Haus mit großzügigem Garten. Leider konnten wir im April 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht anreisen, dieses Jahr mussten wir innerhalb von 3 Tagen unsere Koffer packen und das Land verlassen.
Allmählich stellen wir Ihre Gastfreundschaft und Ihren Slogan „MV- Land zum Leben“ oder „MV tut gut“ in Frage. Von Ihrem Konkurrenten Bayern kennen wir solche Maßnahmen nicht, und sie lösen in uns ein Gefühl aus: zum Investieren sind wir hier willkommen, aber nicht zum Leben und Wohnen.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Wir denken, dass strenge Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie notwendig sind. Aber sie bewirken nur Akzeptanz bei der Bevölkerung, wenn sie zielführend, überzeugend und verhältnismäßig sind.
In Falle der Zweitwohnungsbesitzer werden diese Kriterien nicht erfüllt: Die Zweitwohnungsbesitzer leben in der Regel – soweit unsere Beobachtungen und unser eigenes Verhalten – zurückgezogen auf ihren Grundstücken, haben wenig Begegnungen mit anderen Menschen. Das bringen zum einen die anderen Corona Maßnahmen mit sich wie Schließung diverser Einrichtungen (wie Restaurants, Schwimmbäder etc.), zum anderen verhindert die Weite des Landes Kontaktnähe. Partys werden von Zweitwohnungsbesitzern seit einem Jahr auch nicht gefeiert.
Worin besteht also das Infektionsrisiko? In unserem Falle sieht das Leben derzeit in MV so aus: Wir bestellen online Lebensmittel, wir gehen spazieren (oft begegnen wir keinem Menschen), wir fahren Fahrrad oder spielen Golf nach den vorgegebenen Regeln, wir sprechen mit unseren Nachbarn, wenn wir sie zufällig treffen, mit Abstand über den Zaun hinweg.
Sie kennen die Ergebnisse der Aerosolforscher, dass das Ansteckungsrisiko im Freien eher gering ist. „Draußen statt drinnen“ wird zum Motto. Zusammenkünfte aus mehreren Hausständen drinnen konnte ich in meinem Umfeld nicht beobachten. Als ältere Menschen haben wir ja deswegen gerade zeitweise unseren Zweitwohnsitz in MV aufgesucht, um sicher und geschützt die Pandemie bestehen zu können. Seit Mai 2020 treffen wir uns regelkonform und nur im Freien mit anderen Menschen.
Jetzt werden wir verscheucht, als ob wir Superspreader wären. Das einzig sinnvolle Argument, wir könnten krank werden und die Kliniken in MV überfordern, ist insofern nicht überzeugend, weil Sie ohnehin einen Puffer für Gäste in der Saison vorhalten müssen – so wie es in Skigebieten mehr und gut ausgerüstete chirurgische Klinikbetten gibt.
Ich möchte im Weiteren auf grundrechtliche Probleme eingehen.
1. Es würde mich interessieren, welche Rechte habe ich als Zweitwohnsitzsteuerzahlerin? Darf ich nur zahlen oder sind damit auch Rechte verbunden?
2. Es geht nicht um meine privaten Interessen, vielmehr sehe ich in den Verordnungen zur Nicht-Nutzung und zum Verlassen des Zweitwohnsitzes einen Verstoß gegen Art 14 GG, in dem das Eigentumsrecht gewährleistet ist. Ich stehe dazu, dass Gesundheitsschutz der Bevölkerung ein hohes Gut darstellt, aber deswegen Menschen aus ihrem Zuhause zu vertreiben, halte ich für nicht verhältnismäßig. Ich versichere, ich halte an meinem Zweitwohnsitz wie auch an meinem Erstwohnsitz die Corona-Regeln ein, nach An- und Abfahrt mit dem eigenen PKW gibt es für mich sogar eine geringere Mobilität als am Erstwohnsitz! Ist auf diesem Hintergrund eine zeitweise Enteignung mit allen Folgen von evtl. Schäden z.B. im Garten rechtlich vertretbar?
Ich schlage Ihnen vor, statt pauschale Verbote auszusprechen, Maßnahmen zum verstärkten Gesundheitsschutz für Zweitwohnungsnutzer zu konzipieren. Dazu gehört für mich z.B.:
- man könnte Zweitwohnsitznutzer verpflichten, sich 1-2 mal in der Woche testen zu lassen (wir haben im kleinen Göhren-Lebbin 2 Testzentren, die nach meiner Beobachtung durchaus Kapazitäten hätten),
- Man könnte, wie in Hessen, auch Zweitwohnungsbesitzer zur Impfung zulassen (da gibt es ja oft nicht genutzte und nicht abgesagte Impfangebote).
- Man könnte geimpften Zweitwohnungsnutzern den Zugang zu ihren Unterkünften und mehr Rechte gewähren.
- Man könnte Kontrollen durchführen, ob die Abstandsregel und die Kontaktbeschränkungen eingehalten werden.
Die Corona-Pandemie ist für die Bevölkerung deswegen schwer zu ertragen, weil wenig Zuversicht fördernde Lösungen in Aussicht gestellt werden. Bzgl. der Zweitwohnsitze gäbe es meiner Meinung nach Gestaltungsspielraum für mehr Freiheiten und Freiräume, mit Berücksichtigung von Gesundheitsschutz der Bevölkerung.
Ich hoffe trotz Ihres Vielbeschäftigtseins auf eine Antwort von Ihnen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Schneider-Reinsch
P.S. Ich werde diesen Brief auf der Homepage unseres Ferienhauses www.the-golfers-blue.de veröffentlichen. Unser Zweitwohnsitz befindet sich daneben.
Vieles von meinen Anmerkungen trifft auch auf Gäste bzw. Urlauber zu.